Mit geradem Rücken auf die Tribüne

Wirkte der Rückzug von Geschäftsführer Stephan Schippers zunächst rätselhaft, hat er selbst jetzt Licht in die Sache gebracht. Offenbar wohlgeplant äußerte sich Schippers gegenüber Rheinischer Post und Kicker zu den Beweggründen für seine Entscheidung.

Geradeaus und glaubwürdig kommt rüber, was der 59-Jährige dort sagt. Einfach das Gefühl, das Seine geleistet zu haben. Ganz offenbar Lust darauf, das Leben noch zu genießen. Eine sympathischere Motivation ist fast nicht denkbar, zumal in einem Geschäft, wo das Loslassenkönnen eher eine unterentwickelte Fähigkeit vieler Akteure ist – an dieser Stelle ein freundlicher Gruß an den Tegernsee.

Dass offenbar nur ein winziger Kreis von Menschen in Schippers‘ Pläne eingeweiht war, dass aus diesem Kreis tatsächlich kein Wort nach außen drang, während die Nachfolge des Finanzgeschäftsführers gesucht und gefunden wurde, es gibt einem ein Stück des Glaubens an Borussia zurück. Wo der Verein zuletzt eher durch Provinzialität und Schwatzhaftigkeit auffiel, wurde eine wichtige Personalie hochprofessionell bearbeitet – unabhängig davon, was bzw. wer am Ende dabei herauskommt. Denn nach wie vor ist auch unbekannt, wer Schippers‘ Nachfolger sein wird.

Erst einmal ist klar: Der Ur-Gladbacher Schippers hinterlässt eine riesige Lücke. Erst im März hatten wir ihn zum klaren starken Mann im Verein erklärt. Dass er das bis zum Ende ist, äußert er im genannten Interview recht selbstbewusst: Hätte es bei Borussia Unstimmigkeiten gegeben, hätten andere ihren Stuhl räumen müssen. Eine klarere Ansage gibt es nicht. Nach dem Abgang seines einstigen Mentors Rolf Königs hatten wir den gerne als „Herr der Zahlen“ bezeichneten Geschäftsführer als Gewinner der Neuaufstellung bezeichnet, wodurch sich Borussia nachhaltig als „solides mittelständisches Unternehmen“ positioniert. Wir hoffen, dass sich an dieser Grundhaltung im Verein auch durch die sich jetzt anbahnende Wachablösung nichts Entscheidendes ändert. Klar ist auch „Borussia ist keine Bank“, gelegentlich wurde unter der Hand im Umfeld von Borussia halb bewundernd, halb skeptisch geäußert, Schippers sitze auf dem Geld. Wer auch immer dem Mann, der Borussia entschuldete, nachfolgt, wird eine gute Balance zwischen Risikobereitschaft und -aversität finden müssen. Die Latte liegt hoch.

Stephan Schippers hat Borussia in den 25 Jahren seiner Amtszeit geprägt wie kaum ein anderer. „Nicht reich aber gesund“ war eine Art Mantra des Geschäftsführers, der 1999 an Bord kam, als der Verein finanziell am Abgrund stand. Wenn man sieht, wie Borussia zwischenzeitlich dastand und wie der Verein die Corona-Krise überstanden hat, wirkt es fast beckmesserisch nach Fehlern im Geschäftsgebaren von Schippers zu suchen. Ja, in der Causa Eberl hatte vermutlich auch er seine Aktien und der Fallout der Vorkommnisse seit der frühzeitigen Demission von Marco Rose ist noch lange nicht abgebaut. Unter dem Strich haben wir als Fans von Borussia Schippers aber schlicht größten Respekt zu zollen. Wir hätten auch enden können, wie der MSV Duisburg, wie der HSV zum Dauerzweitligisten oder wenigstens wie der 1.FC Köln zum Fahrstuhlverein mutieren können. Ist nicht passiert. Auch dank Stephan Schippers.

Solide soll auch der Übergang laufen. Schippers ist nicht mehr im Dienst, arbeitet seinen Nachfolger aber noch ein, das ist der Plan und der hört sich richtig an. Stephan Schippers wird dann ab Herbst wieder der „Pinchu“ sein, als der er in Jugendtagen in Gladbach bekannt war. Ein Fan, für den das Ergebnis eines Spiels zwar wichtig aber nicht lebensrelevant ist.

Die Bilder der Saison